Faust und Gretchen

Dr. Faust  

Mein schönes Fräulein, darf ich wagen, meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen ?

Margarete 

„Bin weder Fräulein,

weder schön, kann

ungeleitet nach Hause geh’n.

Franz Schubert  „Gretchen am Spinnrade“

„Gretchen am Spinnrade“ ist ein Kunstlied von Franz Schubert von 1814. Es basiert auf einer Szene aus der Tragödie „Faust“ von Johann Wolfgang von Goethe. Schubert veröffentlichte es 1821 als Op. 2 (D 118).

„Gretchen am Spinnrade“ ist neben der Vertonung der Ballade vom Erlkönig eines seiner ersten erfolgreichen Lieder.

 

Gretchen singt während des Spinnens und denkt dabei an Faust, den sie zuvor flüchtig auf der Straße getroffen hat.

 

Nach einem längeren Gespräch im Garten mit Faust und später einem Kuss im Gartenhäuschen ist sie von dem Ansturm der Gefühle ganz aus der Bahn geworfen. In dieser Situation singt sie das Lied, das allein ihren Monolog in ihrer Stube während des Spinnens bildet.

 

Die Begleitung ahmt mit dem ständigen Auf und Ab der Sechzehntel-Figurationen der rechten Hand das Drehen des Spinnrades nach, in der linken Hand hört man gleichsam den Fuß das Pedal für das Schwungrad treten. Zugleich spiegelt die Begleitung in der rechten Hand auch tonmalerisch Gretchens Unruhe wider („Meine Ruh ist hin“) und in der linken Hand ihr pochendes Herz. Weil sich hier zwei Bedeutungsebenen überlagern (die Tonmalerei des Spinnrads und Gretchens Gemütszustand), handelt es sich um eine semantische Verdichtung, die Schubert in seinem Lied – im Gegensatz zum Gedicht – schafft und die von großer Eindringlichkeit ist

 

„Meine Ruh ist hin

mein Herz ist schwer

ich finde, ich finde sie nimmer

und nimmermehr“ 

 

Wenn dann nach einem Decrescendo und Ritardando wieder der Refrain einsetzt, teilt sich dem Hörer die außergewöhnliche Krisensituation Gretchens eindringlich mit. Da die zweite Hälfte fehlt, die durch den Tonus peregrinus das Lied auf der falschen Tonart C-dur enden lassen würde, schließt das Lied – so wie es anfing – in d-moll.

Der gesamte Schluss – neun Takte Überleitung, erste Refrainhälfte, Nachspiel – wird nur noch durch d-moll begleitet, was nach dem Verständnis der Zeit Ausdruck von Melancholie ist.

 

 

Bild Oben:   Gretchen vor dem Spiegel, neben ihr das Spinnrad

Bild Mitte:    Gretchen vor der  Mater Dolorosa

Bild Unten:  Gretchen empfiehlt sich Gott

Gretchen am Spinnrad
Gretchen am Spinnrad
Gretchen am Spinnrad

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